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Stefan Teppert: Die Erinnerung bleibt

Ein Nachruf

Mit Stefan Peter Teppert verlieren die Donauschwaben einen kompetenten, vielseitigen und äußerst aktiven Fürsprecher und Autor: Am 21. Februar 2025 verstarb er plötzlich in Hayingen.

Ein paar Tage vor seinem Tod gab Stefan Teppert Brunhilde Forro ein ausführliches Interview mit vielen biographischen Details und zukunftsbezogenen Anmerkungen: https://www.youtube.com/watch?v=f1wM6Xk5dxk&t=2040s

Stefan Tepperts Familie stammte aus dem früheren Jugoslawien: Vater Anton Teppert wurde in Filipowa (Batschka) und seine Mutter Maria, eine geborene Birgel, wurde in Semlin (Syrmien), heute Belgrad eingemeindet, geboren. Stefan P. Teppert selbst kam am 13. April 1956 in Socorro im brasilianischen Bundesstaat Paranà auf die Welt. Vielen Donauschwaben ist diese Gegend, als Entre Rios (zwischen den Flüßen) bekannt. Nach einigen leidvollen Erfahrungen im brasilianischen Hochland, die Teppert in seinem Büchlein Die Rückwanderung donauschwäbischer Kolonisten aus der südbrasilianischen Siedlung ENTRE RIOS in die Bundesrepublik (2007) verarbeitete, remigrierten seine Eltern 1959 mit dem kleinen Stefan nach Deutschland.

Aus eigenem Bekunden hat Stefan Teppert dieser Teil seiner Biographie auch ihn stark geprägt, was er in der von ihm redigierten und herausgegebenen Schrift Anton Teppert: GEFLOHEN; AUSGEWANDERT; HEIMGEKEHRT: Mein Leben in Jugoslawien, Brasilien und Deutschland (2019), die im Prinzip die Biographie seines Vaters darstellt. Diese schon fast selbstbiographische Verarbeitung ist das zweite prägende Momentum seines späteren schriftstellerischen Werdegangs, seiner Berufung letztendlich: Der Hebung des Schatzes der leidvollen Geschichte der Donauschwaben.

Stefan Teppert hat nach dem Tuttlinger Gymnasium ein Studium in Philosophie, Germanistik, Geographie und Geschichte in Freiburg, Wien fortgesetzt; in Tübingen schloß er es mit einer Magisterarbeit über Platon ab; eigentlich wollte er seinen Magister mit einem Thema zu seinem Lieblingsdichter, Friedrich Hölderlin, abschließen, dies wurde offensichtlich von der Uni-Leitung nicht goutiert. Ein Leben lang eiferte Teppert dem Altphilosophen und dem idealistischen Dichterphilosophen aus Süddeutschland nach.

Nach dem Studium versuchte sich Teppert als freischaffender Schriftsteller; diese Zeit bezeichnete er als „hartes Brot:“ Nach eigener Aussage mußte er in seinem Berufsleben 23 „Jobs“ annehmen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Nicht jeder konnte auf eine liberale Seilschaft oder Zitierkartell zurückgreifen: Es lag auch an den Themen Vertreibung, Aussiedler und Spätaussiedler, von denen seine Familie direkt betroffen war.

In den Jahren 1988 bis 1999 bekam Stefan Teppert eine Anstellung als Kulturreferent des Bundesverbandes der Donauschwäbischen Landsmannschaft im Haus der Donauschwaben in Sindelfingen. Mit der rot-grünen Koalition in Berlin wurden 1999 die Mittel für Kulturreferenten zusammengestrichen und von der ersten Großen Koalition unter Angela Merkel nicht wieder aufgenommen: Die Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler hatten ihre Schuldigkeit als treue Unionswähler an der Wahlurne getan . . .

Bemerkenswert: Stefan Teppert hat sich ehrenamtlich weiter als Kulturreferent im Haus der Donauschwaben engagiert. Dabei mußte er aber weiterhin als freier Schriftsteller die Brötchen für seine Familie verdienen. Neben beiden bereits erwähnten biographischen Schriften beschreibt Teppert als Mitautor den steinigen Weg der Donauschwaben nach 1944 in dem Werk: Donauschwäbisches Martyrologium: die Opfer von Gewalt und Verfolgung bei den Donauschwaben in Jugoslawien, Rumänien und Ungarn im 20. Jahrhundert: Märtyrer und Bekenner unter Geistlichen, Ordensleuten und Laien (2018), das vom St. Gerhardswerk (Stuttgart) herausgegeben wurde. In der Einführung schreibt Stefan P. Teppert: „Dieses Buch möchte ein Gedächtnismal sein, ein geistliches Monument, ein Mausoleum in Buchform.”

Tepperts Hauptwerk ist seine Anthologie donauschwäbischer Autoren: Die Erinnerung bleibt. Donauschwäbische Literatur seit 1945: Eine Anthologie (1. Band 1995). In der Einführung zum ersten Band (1995) schreibt Teppert:

„Wie berechtigt das Anliegen ist, gerade die donauschwäbische Literatur des halben Jahrhunderts seit Kriegsende über alle Staatsgrenzen hinweg als Ganzheit und corpus sui generis zu erfassen, beweist zunächst das fortbestehende Gefühl der Zusammengehörigkeit.“

Hierzu verwendete Teppert alle seit 1945 verfügbaren Quellen von Publikationen über Kalender und Heimatortsblätter über Zeitschriften und Zeitungen bis hin zu der entsprechenden Sekundärliteratur, dabei hielt er sich bewußt zurück in „der Beurteilung dichterischer Qualität,“ im Gegenteil:

„Heimatliebe und Heimweh durchziehen wie ein Leitmotiv die Hervorbringungen aller Schriftsteller, die als Erlebnisgeneration existenzielle Einbuße erlitten, hier vorder-, dort hintergründig, von der Idyllik und nostalgischen Verklärung bis zur kunstvoll sublimierten Seelenheimat.“

Bis heute sind nur vier der angedachten acht Bände im Hartmann-Verlag erschienen: Der plötzliche Tod erreichte Teppert bei der Verfassung des fünften Bandes. Ein weiteres Herzanliegen, die Herausgabe des Gesamtwerkes des Lyrikers, katholischem Priester und Reichstagsabgeordneten im Ungarischen Parlament, Stefan Augsburger 1840 – 1893), wird vermutlich den Druck nicht mehr erreichen.

Unermeßlich hingegen ist das Verdienst Tepperts für die über seine Schriftstellertätigkeit hinausgehenden Aktivitäten für die donauschwäbischen Gemeinschaft: Vorträge, Berichte, Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften, seine Befragungen von Zeitzeugen erreichten ein zahlreiches Publikum.

In dem genannten Interview (Internet) erwähnt Teppert, daß er für sein Werk eine Ehrung, den Donauschwäbischen Kulturpreis 2009 erhielt. 1998 bekam er für seine Verdienste für die Donauschwäbische Landsmannschaft das Ehrenzeichen.

Gefragt, wie würde er die ehemaligen Donauschwaben charakterisieren? Tepperts Fazit darauf: „agrarisch“ geprägt und „naturverbunden.“ Durch seinen Einsatz für die Belange der Indios Südamerikas, bewies er auch die donauschwäbischen Weltoffenheit, die sie mit der Muttermilch im multinationalen Südosten Europas mitbekamen.

Für die donauschwäbische Gemeinschaft ist es besonders schmerzlich, daß die Anthologie, zumindest in dem von Stefan Peter Teppert angedachtem Format, nicht weitergeführt werden kann. Die Übernahme seines umfangreichen Archivs durch das Haus der Donauschwaben wäre in diesem Sinne ein Anfang und die Würdigung seines Lebenswerkes.

Herbert Karl

 

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